Familiengeschichte

Der erste Vorfahre, der nachweislich der Westheider-Familie zuzuordnen ist, wurde von mir im Verzeichnis der Besitztümer im Bezirk Ravensberg   - genannt "Urbar" - entdeckt. In diesem Verzeichnis von 1550 wird mitgeteilt, dass der "goode Johann up de Westheide" eigen ist dem Lunige. Ferner ist dort eingetragen, dass er Pächter des Westheyden-Kotten ist und 4 Taler Pacht bezahlt hat. Der Kotten lag westlichen Rand des Ortskerns der Stadt Versmold. Johann war "eigen" dem Franz Lüning, der sog. Erbbesessener des Gutes Wittenstein war. Um diese Zusammenhänge zu verstehen, muss man folgendes wissen: Deutschland bestand zu dieser Zeit aus vielen Fürsten- und Herzogtümern, die Kurfürsten wählten den Kaiser. Die Fürsten- und Herzogtümer waren unterteilt in Grafschaften, die Grafen entstammten alteingesessenen mächtigen und einflussreichen Familien. Sämtliche Bauernhöfe und mit ihnen die Leute auf diesen Höfen waren Eigentum der Grafen. Die Westheider-Stätte gehörte- wenn sie zu dieser Zeit schon existierte- im 15. - 17. Jahrhundert den Grafen von Ravensberg. Die Grafen von Ravensberg setzten nach zum Teil kriegerischen Auseinandersetzungen ihre Besitztumsansprüche durch. Im 13. und 14. Jahrhundert wurde die alte Fronverwaltung durch eine neue administrative Verwaltung abgelöst: Es entstand eine Aufteilung in Ämter, so im Jahre 1296 das Amt Ravensberg. Es wurde unterteilt in drei Bezirke, Vogteien genannt. Eine Vogtei wurde weiter unterteilt in sogenannte Kirchspiele. Dem Vogt in Versmold unterstanden die Kirchspiele Versmold und Bockhorst. Die Verwalter wurden von den Grafen ernannt, meist vererbte sich diese Ernennung auf den ältesten Sohn. Die Vögte entstammten meist alten Ritterfamilien; in diesen Familien war jemand wegen besonderer Tapferkeit im Kampf für seinen Gebieter "zum Ritter geschlagen" worden. Die Aufnahme in den Ritterstand war mit der Verleihung von Grund und Boden verbunden, damit der Unterhalt des Dienstmannes auf Dauer gesichert war. Zuerst waren die Rittersitze recht dürftig und warfen nur wenig Gewinn ab. Deshalb eigneten sich die Ritter im Laufe der Zeit mehr und mehr Rechte an wie z. B. den Anspruch auf Gutsherrlichkeit über die umliegenden Höfe und ihre Bewohner. 

Wegen besonderer Verdienste und Treue wurde Diedrich Lüning 1496 zum Amtmann ernannt. Die Familie Lüning, die wohl schon seit langem einen Meierhof besaß, also eine Verwaltertätigkeit ausübte (Informationen hierzu sind nicht vorhanden), fasste die Besitzungen Hiddinghaus Hof und Ostendorffs Haus im Jahre 1502 zum Lehen Wittenstein zusammen. Die Westheider-Stätte gehörte zum Gut Wittenstein; das Gut war um 1500  im Besitz der Grafen von Ravensberg. Wie schon oben beschrieben, war Franz Luning 1556, als das Urbar aufgestellt wurde, der Verwalter auf Gut Wittenstein, also war Johann up de Westheyde eigen dem Franz Luning. 

Die Bauernhöfe und Kotten - das waren abgetrennte Teile eines Bauernhofes, die vom Besitzer eines Hofes einem Kötter gegen Zahlung einer Pacht überlassen worden waren, lagen ziemlich nahe am westlichen Kern von Versmold, wegen des sandigen Bodens waren die Erträge gering, außerdem war der Boden ungeschützt den starken Westwinden ausgesetzt, so dass es oft Versandungen und Sandverwehungen gab. Wie oben schon beschrieben, waren die Menschen Leibeigene; das bedeutete, dass niemand ohne Erlaubnis den Hof verlassen durfte, niemand ohne Erlaubnis heiraten durfte und vieles andere mehr. Außerdem mussten die Leibeigenen sog. Frondienste leisten.

Aus einer Aufstellung der Einkünfte des Gutes Wittenstein im Jahr 1632 geht hervor, das es zwei Besitzungen gab, die mit dem Namen Westheider in Verbindung gebracht werden können: Es ist aufgeführt, dass ein Westheider (Näheres ist nicht bekannt) seiner Abgabe nachgekommen ist, außerdem wird berichtet, dass die Westheider-Stätte im Dorfe, die später unter Versmold 89 aufgeführt wird, im Jahr 1632 verwaist ist. Dies ist nicht verwunderlich, denn seit 1618 wütet der Dreißigjährige Krieg und die Versmolder Gegend ist eine der Regionen, die sehr stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. 

Warum ab 1646 Jakob Witte als Besitzer der Westheider-Stätte eingetragen ist, lässt sich nur vermuten. Wahrscheinlich ist der Hof irgendwann von einem Kind aus der Witte - Familie übernommen worden, vielleicht durch Einheirat. Wenn durch Heirat ein Mann mit anderem Namen an den Hof kam, nahm er neben seinem Familiennamen den Hofnamen an. So findet man z.B. (später) Westheider, geb. Selchert.  Häufig wurden den Leuten auf einem Hof der Hofname gegeben. Zu dieser Zeit war das Gut Wittenstein hoch verschuldet und konnte sich keine Einnahmeausfälle leisten. Vielleicht wurde aus diesem Grunde der verwaiste Hof einem Angehörigen der Familie Witte übertragen.

Im Jahre 1693 wird die Westheider-Stätte unter der Bezeichnung Versmold 89 - im Dorf Versmold liegend - als eines der 20 übrig- gebliebenen Besitztümer des Gutes Wittenstein erwähnt. 

Leider habe ich über die direkten Nachkommen des Johann nirgendwo Angaben gefunden. Die Familie ist aber weder ausgestorben (der 30-jährige Krieg hinterließ auch in dieser Gegend große Verwüstungen) noch weggezogen, denn in den ersten kirchlichen Tauf- und Heiratsregistern nach dem Brand der ev. Kirche zu Versmold im Jahre 1683, bei dem leider die ältesten Kirchenbücher ein Raub der Flammen geworden sind, sind Frauen eingetragen, die den elterlichen Namen Westheider hatten. Wie schon beschrieben, wird im ersten Versmolder Kataster von 1693 angegeben, dass zum Gut Wittenstein (Besitzer Schmiesing) 20 Stätten gehören, von denen eine die Westheider-Stätte Versmold Nr. 89 ist. Der damalige Pächter hieß Jakob Witte oder Wöstheide. 

Jakob Witte war mit Princke, geb. Krumbkampe, verheiratet, in der Heiratsurkunde sind allerdings keine Kinder eingetragen. (Man muss wissen, dass in den Jahren 1925 - 33 das gesamte Kirchenregister alphabetisch geordnet wurde und zu jeder Familie Angaben über Eltern und Kinder gemacht wurden). Man findet in einer Hofchronik, in der die Besitzer der Höfe chronologisch aufgeführt sind, dass ab 1716 Johann Heinrich Westheyde-Witte Besitzer des Hofes ist. Johann Heinrich ist am 27.08.1677 geboren, Vater und Mutter sind nicht bekannt, aber er muss schon von seiner Kindheit an in irgendeiner Beziehung zur Familie gestanden haben, denn mit seiner Heirat wird er Besitzer des Hofes, obwohl der oben genannte Jakob Witte noch nicht verstorben war. (Vielleicht war Jakob Witte der Verwalter bis zur Volljährigkeit). Johann Heinrich heiratete 1716 Anna Maria, geb. Schlotte (Hof Nr. 97/der Schlotte-Hof lag nur 100 m vom Westheider-Hof entfernt). Das Paar hatte 5 Kinder, von denen 4 schon im frühen Alter gestorben sind. Nur eine Tochter, Maria Elisabeth, erreichte das Erwachsenenalter.

 Nachdem 1724 Johann Heinrich gestorben war, heiratete Anna Maria zum zweiten Mal, und zwar den Johann Heinrich Boschulze, dessen Eltern den Bauernhof Versmold 24 besaßen. Johann Heinrich erhielt den Familiennamen Boschulze d. Witte-Westheider (so eingetragen in den Kirchenbüchern). Aus dieser Ehe gingen 4 Kinder hervor, von denen 3 im Kindesalter starben. Nur die erstgeborene Tochter Anna Elsabein erreichte das Erwachsenenalter und erbte später den Hof. Anna Maria geb. Schlotte war ja die Erbin des Hofes, also musste ein Kind des Paares Schlotte/Boschulze den Bauernhof erben. Johann Heinrich heiratete nach dem Tode seiner Frau Anna Maria im Jahre 1733 ein Jahr später Anna Margaret, geb. Schlüter; aus dieser Ehe gingen 5 Kinder hervor. Erwähnenswert ist, dass drei der Kinder den Namen Westheider führten und zwei Kinder den Namen Witte. Nach dem Tode der zweiten Frau heiratete er im Jahre 1747 Katharina Elsabein, geb. Lingemeyer. Aus dieser Ehe gingen 4 Kinder hervor. Diese Kinder führten später, z.B. bei ihrer Heirat, den Namen Westheider. 

Wie ich schon oben erwähnte, erbte die Tochter Anna Elsabein aus der Ehe Schlotte-Boschulze den Bauernhof. Diese Tochter führte bei ihrer Heirat mit Johann Philip Selchert-Hagenbäumer den Familiennamen Westheider! An dieser Stelle ist zum ersten Mal der Name Westheider einzig und in dieser Schreibweise vorgekommen. Johann Philip Selchert-Hagenbäumer nahm den Familiennamen Westheider an, die Kinder hatten nur den Familiennamen Westheider. Anna Elsabein nahm sich 14 Tage nach der Geburt ihres fünften Kindes im Jahr 1769 das Leben; Johann Philip hat danach Margaret Elsabein geb. Künnemann geheiratet, mit dieser Frau hatte er keine Kinder. Er hat allerdings mit der Halbschwester seiner ersten Frau einen Sohn Philip Wilhelm, geb. am 7.2.1773. Diese Halbschwester namens Louise war eine Tochter aus der Ehe von Johann Heinrich Boschulze d. Witte-Westheider mit seiner zweiten Frau (geb. Schlüter)  . Dies ist deswegen erwähnenswert, weil meine Familienlinie und auch die Linie aller amerikanischen Westheider Familien aus dieser Verbindung entstammen! Dies bedeutet insbesondere, dass es kein  "Westheider-Blut" in diesem Westheider-Zweig gibt, denn Louise war die Tochter eines Eingeheirateten mit einer Frau, die kein "Westheider-Blut" in ihren Adern besaß. Und der Vater ihres Sohnes war ebenfalls ein eingeheirateter Mann! Überhaupt ist es zweifelhaft, ob es eine durchgehende "Westheider-Blutslinie" vom erstgenannten Johann up de Westheide gibt. Denn es ist nicht geklärt, welche familiäre Verbindung Jakob Witte und Johann Heinrich Witte-Westheyde zu den noch zu findenden Familiengliedern hatte.

Siehe auch unter Blutsverwandtschaften.

Die Familiengeschichte soll hier erst einmal enden. Eine ausführlichere und ergänzende Chronik ist in Arbeit. Interessenten können mit mir über meine e-mail Adresse Kontakt aufnehmen: Westheider@t-online.de

Eine vollständige Chronik zu den Besitzverhältnissen der Westheider-Stätte Versmold 89 finden Sie auf der  Seite "Chronik der Westheider-Stätte".