Die binomischen Formeln und Lotto

 

Was haben die binomischen Formeln mit Lotto zu tun? In der Klasse 8 am Gymnasium lernt man die binomischen Formeln kennen, die erste mit (a + b)² = a² + 2ab + b² usw. Aber von Lotto ist im Mathematikunterricht der Klasse 8 nicht die Rede. Und doch haben sie etwas mit den Lottozahlen zu tun.

Die binomischen Formeln sind nicht nur (a + b)² , (a – b)² und (a + b)*(a – b), sondern auch

(a + b) ³ usw.

Ich werde in kleinen und verständlichen Schritten diesen Zusammenhang zwischen den Formeln und Lotto herleiten.

Ich starte noch mal mit der ersten: (a + b)² = a² + 2ab + b²

Nun berechne ich (a + b)³ = (a² + 2ab + b²)*(a + b) = a³ + 3a²b + 3ab² + b³

Ich gehe davon aus, dass ihr wisst, wie man (a + b) berechnet:

(a + b) = + 4a³b + 6a²b² + 4ab³ + b

Ich könnte nun mit den Berechnungen von (a + b) , (a + b)   usw. fortfahren, aber es gibt einige auffällige Besonderheiten, die ich euch nun beschreiben will und die das jeweilige Rechnen überflüssig machen.

Guckt euch die Hochzahlen an, zuerst bei a: die erste Hochzahl ist die Zahl, die auch bei der Klammer steht, (a + b) , dann kommt a³, dann a², dann a (auch a ), dann kein a (man könnte auch a schreiben), also nimmt die Hochzahl jeweils um 1 ab!

Bei b ist es genau umgekehrt: erst kein b, dann b , dann b² ,b³ und zuletzt b .

Also müsste für (a + b) gelten: a +   a b +   a³b² +    a²b³ +   ab + b . Und das ist in der Tat so! Ihr könnt auf einem Blatt die Ergebnisse zu (a + b) hoch 6 bis hoch 10 aufschreiben. Lasst aber Lücken für die Zahlen, die noch vor die Summanden geschrieben werden müssen!

 

Nun zu den Zahlen, die noch fehlen:

(a + b)²                                                         1   2   1          die 1 für 1a  sowie 1b

(a + b)³                                                       1   3   3   1

(a + b)                                                    1   4   6   4   1     erkennt ihr eine Besonderheit?

                                                                                            Die Zahlen in den Lücken der

                                                                                            jeweils unteren Reihe sind die

                                                                                            Summe der beiden Zahlen darüber.

(a + b)                                                 1    5  10  10   5   1

(a + b)                                               1   6   15  20  15  6   1

 

Ein Franzose namens Pascal hat diesen Zusammenhang herausgefunden. Er hat an der Spitze noch Zahlen ergänzt, so dass ein dreieckiges Gebilde entsteht, das sog. Pascalsche Dreieck:

 

(a + b)                                                                     1

(a + b)                                                                 1        1

(a + b)²                                                             1       2        1

(a + b)³                                                         1       3        3       1

                                                                 1      4       6        4        1

                                                             1       5     10      10      5        1

                                                         1      6      15     20      15       6       1

                                                     1      7      21     35      35     21      7        1

                                                1       8      28     56     70      56     28      8        1

                                            1       9     36     84     126    126    84     36      9        1

                                       1       10    45    120    210   252    210   120    45      10      1

Diese Zahlen und natürlich die weiteren Zahlen haben in der Mathematik in verschiedenen Gebieten eine große Bedeutung. Diese Zahlen sind die Ergebnisse sogenannter Binomialkoeffizienten. Näheres kann ich noch nicht beschreiben, weil euch hierzu die entsprechenden Kenntnisse fehlen. Ich werde später darauf zurückkommen.

 

Ich komme nun zum Lotto:

Wisst ihr, wie viele verschiedene Sechserreihen man aus den 49 Zahlen bilden kann? Es sind fast 14 Millionen, genau 13 983 816. Wie kann man diese Zahl bestimmen? Ihre Berechnung hat mit Wahrscheinlichkeitsrechnung zu tun, aber keine Angst, die Zusammenhänge werde ich euch  leicht verständlich erklären!

Ich fange ganz „klein“ an: Ihr stellt euch drei Kugeln mit den Zahlen 1, 2 und 3 in einem kleinen Eimer vor. Ihr zieht erst eine Kugel, dann eine zweite (wie bei der Lottoziehung), beide gezogenen Kugeln bilden ein Zahlenpaar. Nun ist es wichtig, dass die gezogene Kugel nicht zurückgelegt wird, sonst könnte ja das Paar (1/1) entstehen. Welche Paare können denn entstehen? Es sind (1/2), (1/3) und (2/3), also drei Paare. (die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Paar gezogen wird, beträgt 1/3, alle Paare haben die gleiche Wahrscheinlichkeit).

Es gibt allerdings weitere Paare, wenn man die Reihenfolge beachten muss, also z.B.(2/1) oder (3/2). Aber beim Lotto werden die Zahlen gezogen und dann der Größe nach zur besseren Übersicht geordnet, das heißt aber, dass die Reihenfolge außer Acht gelassen wird und nur die oben aufgeführten Paare gezählt werden.

Nun haben wir 4 Kugeln (mit den Zahlen 1 bis 4). Es können folgende Paare entstehen: (1/2), (1/3), (1/4), (2/3), (2/4), (3/4). Dies sind genau 6 Paare.

Nun nehmen wir 5 Kugeln und es ergeben sich die folgenden Paare: (1/2), (1/3), (1/4), (1/5), (2/3),(2/4), (2/5), (3/4), (3/5), (4/5). Es sind 10 Paare.

Nun schaut bitte in das oben gebildete Pascalsche Dreieck; findet ihr die Zahlen 3, 6, 10 für die Anzahl der Paare? Wie müsste die nächste Zahl heißen?

Wir bilden die Paare mit den Kugeln von 1 bis 6: (1/2), (1/3), (1/4), (1/5), (1/6), (2/3), (2/4), (2/5), (2/6), (3/4), (3/5), (3/6), (4/5), (4/6), (5/6). Es sind in der Tat 15 Paare. Was wissen wir jetzt? Wenn wir n Kugeln in einem Eimer haben und nehmen nacheinander 2 Kugeln (ohne Zurücklegen) heraus, erhält man die Anzahl der Paare aus der 3. schrägen Reihe. Diese Reihe, die ja mit der 1 beginnt, gehört zu „hoch2“,also kann man sagen, dass diese Reihe zu Paaren passt! Wenn man diese schräge Reihe weiter entwickelt, kann man feststellen, wie viele Paare mit 49 Kugeln (wie beim Lotto) entstehen.

Nun wollen wir sehen, ob sich der Zusammenhang auch auf Drillinge, Vierlinge und Sechslinge (6 gezogene Zahlen beim Lotto) übertragen lässt.

Wir nehmen 4 Kugeln und bilden Drillinge: (1/2/3), (1/2/4), (1/3/4), (2/3/4). Es sind 4 Drillinge. Auch hier kommt es auf die Reihenfolge nicht an.

Nun mit 5 Kugeln: (1/2/3), (1/2/4), (1/2/5), (1/3/4), (1/3/5), (1/4/5), (2/3/4), (2/3/5), (2/4/5), (3/4/5), es sind 10 Drillinge. Wir brauchen keine weiteren Drillinge zu bilden, wir erkennen: In der schrägen Reihe zu „hoch3“ stehen die Zahlen!

Also spielen die schrägen Reihen im Lotto die entscheidende Rolle!

Für Sechslinge kommt also die schräge Reihe zu „hoch6“ infrage! Also die Reihe mit 1, 6, 21, 56, 126, 252  ....Die Zahl 6 steht für 6 Kugeln, die Zahl 21 für 7 Kugeln, die 56 für 8 Kugeln und am Ende gibt es eine Zahl, die für 49 Kugeln steht.

Also kommt man in dieser schrägen Reihe durch Abzählen zu der Zahl dieser schrägen Reihe, die angibt, wie viele Sechslinge beim Lotto entstehen können.

Die Berechnung dieser Zahl ist allerdings sehr aufwendig. Man müsste tausende Summen bilden. Ich habe oben schon angedeutet, dass diese Zahlen im Zusammenhang mit Binomialkoeffizienten an anderen Stellen der Mathematik von großer Bedeutung sind. Ich werde nun einen ersten Übergang von den binomischen Formeln zu den Binomialkoeffizienten beschreiben.

Ich komme noch mal zum Experiment mit den Kugeln zurück. Ich habe oben schon beschrieben, dass beim Lotto nicht alle Paare benötigt werden. Ich werde bei einigen Beispielen die Anzahl aller Paare berechnen und dann sehen wir uns den Unterschied zur Anzahl der „Lottopaare“ an. Ich kann zu diesen Beispielen die Gesamtheit der Paare nicht aufschreiben, denn ihre Zahl geht in die Hunderte, deshalb überlegen wir uns einen anderen Weg zur Bestimmung der Anzahl. Beispiel: Wir haben 10 Kugeln im Eimer. Stellt euch vor, wie die Ziehung der Kugeln vonstatten geht. Wenn zuerst die 1 gezogen wird, bleiben noch die Kugeln 2 bis 10, es entstehen Paare (1/2) bis 1/10), wenn die drei gezogen wird, entstehen die Paare (3/1) bis (3/10), aber nicht das Paar (3/3)! Wie viele Paare können zu jeder erstgezogenen Zahl gebildet werden? Neun! Bei 10 erstgezogenen Zahlen also insgesamt 90 Paare!

Zu dieser Erkenntnis kann man auch mit der folgenden Überlegung gelangen: Wenn die erste Kugel gezogen ist, sind nur noch 9 weitere da, die mit der ersten Kugel ein Paar bilden können!

Genauso sieht die Sache bei Drillingen aus. Wenn 10 Kugeln im Eimer sind und die erste Kugel gezogen ist, bleiben noch 9, die „schon mal“ Paare bilden, dann sind jeweils nur noch 8 da für die Drillinge. Also muss man rechnen: 10 mal 9 mal 8 = 720 Drillinge.

Dasselbe gilt für mehr oder weniger Kugeln im Eimer und für alle „Mehrlinge“.

In den Mathematikbüchern nennt man die Paare, Drillinge usw. k-Tupel.

 

Nun wissen wir, wie wir die Anzahl aller Paare berechnen können, jetzt vergleichen wir.

5 Kugeln im Eimer, Paare     Lotto (siehe Pascalsches Dreieck: 10     

                                               Alle Paare:   5 mal 4                   = 20

7 Kugeln, Paare                      Lotto     21                Alle:  7 mal 6      = 42

 

10 Kugeln, Paare                     Lotto:   45                 Alle  10 mal 9    = 90

 

Man kann feststellen : Beim Lotto immer die Hälfte.

 

6 Kugeln, Drillinge:                 Lotto:   20                  Alle: 6 mal 5 mal 4   = 120

 

8 Kugeln, Drillinge                  Lotto     56                 Alle:  8 mal 7 mal 6   = 336

 

10 Kugeln, Drillinge                Lotto:    120               Alle: 10 mal 9 mal 8  = 720

 

Vergleich?      Immer geteilt durch 6?        Ja!!!!   Man könnte weitere Beispiele überprüfen.

 

6 Kugeln, Vierlinge                  Lotto:   15        Alle:  6 mal 5 mal 4 mal 3  = 360

 

8 Kugeln, Vierlinge                  Lotto:    70       Alle:  8 mal 7 mal 6 mal 5  = 1680

 

10 Kugeln, Vierlinge                Lotto:    210     Alle: 10 mal 9 mal 8 mal 7 = 5040

 

Wir dividieren:  360 : 15 = 24    1680 : 70 = 24     5040 : 210 = 24   Immer geteilt durch 24!!!

 

Wir kennen nun die folgenden Teiler: 2 bei Paaren, 6 bei Drillingen, 24 bei Vierlingen.

 

Welcher mathematische Zusammenhang besteht zwischen 2, 6 und 24?

Wie lautet die Fortsetzung für Fünflinge, Sechslinge?

 

Vielleicht habt ihr schon entdeckt: die 2 multipliziert mit 3 macht 6, die 6 multipliziert mit 4 macht 24, das heißt, die 24 multipliziert mit?                                5!!!  Die 120 multipliziert mit 6 macht 720. usw.

Das heißt: Wenn wir für die Sechslinge beim Lotto die Anzahl Aller Paare berechnen und diese Zahl durch 720 dividieren, ergibt sich die Zahl der Sechslinge beim Lotto, oder, anders ausgedrückt: So viele Lottoreihen gibt es.

Die Anzahl aller Sechslinge: 49*48*47*46*45*44 / 720 = 13 983 816

 

Damit ist unsere Hauptaufgabe gelöst.

 

 

Wie ich schon mehrmals erwähnt habe, gibt es weitere mathematische Zusammenhänge.

Ich komme zurück auf die Teiler, die bei der Berechnung der „Lottolinge“ benutzt wurden, also die 2 bei Paaren, die 6 bei Drillingen, bis zur 720 bei den Sechserreihen beim Lotto. Wenn man diese Zahlen zerlegt in Produkte, dann sehen diese Produkte folgendermaßen aus:

Für 2 schreibt man 1*2 (* ist das Multiplikationszeichen)

6 = 1*2*3,   24 = 1*2*3*4,  120 = 1*2*3*4*5 und 720 = 1*2*3*4*5*6

 

Ihr erkennt, das man die Zahlen von 1 bis zu der Zahl, die die Anzahl der Zahlen der „Lottolinge“ angibt, miteinander multipliziert.

 

 Ich möchte nun die weiteren Zusammenhänge ein wenig „mathematischer“ beschreiben:

Man geht von einer Grundmenge aus mit n Elementen, beim Lotto sind dies die 49 Zahlen.

Bei einem sog. Zufallsexperiment wird eine Teilmenge dieser Grundmenge ausgewählt. Diese Teilmenge hat k Elemente, beim Lotto sind dies 6 Zahlen von den Zahlen 1 bis 49.

Diese „Lottolinge“ nennt man – wie schon oben erwähnt – k-Tupel.

 

Wir berechnen noch mal die Anzahl der 6-Tupel (also die Anzahl der Lottoreihen):

Die Anzahl aller 6-Tupel berechnet man also so: 49*48*47*46*45*44 : Das Ergebnis dividiert man durch das Produkt von 1*2*3*4*5*6 und man erhält die Anzahl der 6-Tupel.

 

Allgemein bedeutet dies: Man berechnet zu n Elementen einer Grundmenge die Anzahl aller k-Tupel nach der Formel n*(n-1)*(n-2)*(n-2)*....*(n-k+1)

Wir nehmen noch mal k=6 und n=49, also ist n-k+1 = 49 – 6 + 1 = 44, der letzte Faktor ist ja 44! Zu dividieren ist dann durch das Ergebnis von 1*2*3*...*k 

 

Da dieser Zusammenhang eine große mathematische Bedeutung hat, hat man für diesen Quotient eine besondere Schreibweise eingeführt:

 

Gesprochen wird dies: n über k. Diese „Gebilde“ nennt man Binomialkoeffizienten.

Für die Anzahl der Lottoreihen heißt das:   „49 über 6“, die Anzahl der Reihen beträgt dann 13 983 816.

 

Aber die Mathematiker wollen derartige „Gebiete“ erforschen, weitere Zusammenhänge finden, Regeln und Gesetze aufstellen. Also probiert man verschiedene Zahlen für n und k aus. Wir machen das jetzt auch:

Wir fangen an mit n=3 und k=2, nach unseren obigen Erkenntnissen sind 3 Kugeln im Eimer und wir bestimmen die Anzahl der Paare:

Wir wählen 4 Kugeln, Paare:

5 Kugeln, Paare:

Ihr erkennt bestimmt die oben behandelte schräge Reihe des Pascalschen Dreiecks.

Ein anderer Zusammenhang allerdings ist von größerer Bedeutung, hierzu bilde ich zu einer festen Zahl n (d.h. Kugeln im Eimer) verschiedene Zahlen für k (also Paare, Drillinge, Vierlinge, usw.), aber zuerst nehme ich k=1 (d.h. eine Kugel wird gezogen)

 

 

Ich wähle n=8:

            

                                    das ist doch klar, oder?

 

Es fehlt noch   Das Problem ist, dass im Nenner 0 steht, und durch 0 darf man bekanntlich nicht dividieren! Damit  doch benutzbar ist, hat man festgelegt, dass  für alle n>0,

also gilt:

Nun sehen wir uns die Zahlen mal genauer an:

                      

Die Ergebniszahlen stehen im Pascalschen Dreieck in der waagerechten Zeile für

Damit sind wir zurückgekehrt zu den Binomischen Formel!

Die Binomialkoeffizienten  geben also in ausgerechneter Form die Zahlen der Summanden in den binomischen Formeln an.

Hier die ersten:

(a + b)² =   Dabei sind      a² + 2ab + b²

 

( a + b)³ =         a³ + 3a²b + 3ab² + b³

 

(a + b) =      a + 4a³b + 6a²b² + 4ab³ + b

 

Ich schließe nun meine Abhandlung über die mathematischen Zusammenhänge von binomischen Formeln, Binomialkoeffizienten und den Lottoreihen.

In einer gesonderten Abhandlung werde ich das Gebiet der Binomialkoeffizienten tiefergehend beschreiben.

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